Spaniens Südküste – Wo Drogenschmuggler leichtes Spiel haben
Drogenschmuggel, Gewalt, Perspektivlosigkeit – an Spaniens Südküste wird die Provinz Cádiz zunehmend zum Brennpunkt der organisierten Kriminalität. In Algeciras, einem der größten Häfen Europas, landen regelmäßig Tonnen von Haschisch und Kokain. Die Behörden sind überfordert, Anwohner:innen fühlen sich im Stich gelassen. Während die Schmugglerboote schneller und aggressiver werden, fordern Polizei und Zivilgesellschaft dringend mehr Unterstützung – und endlich echte Perspektiven für die Jugend der Region.
Deutschlandfunk 
22.08.2024
Quelle: Nikko Osaka, Unsplash®
Es ist ein sonniger, klarer Vormittag in der südspanischen Hafenstadt Algeciras. Von der Promenade aus hat man die Straße von Gibraltar gut im Blick und kann beobachten, wie riesige Containerschiffe aus Afrika, Asien und Amerika in Europas sechstgrößten Hafen einfahren. Mehr als 100 Millionen Tonnen an Waren werden hier jedes Jahr bewegt, nicht alles davon ist legal. Allein im letzten Sommer fanden die spanischen Behörden in einer Bananenlieferung aus Ecuador fast 10 Tonnen Kokain – die größte jemals in Spanien sichergestellte Menge. Nach Belgien und den Niederlanden wird in Spanien das meiste Kokain innerhalb der EU beschlagnahmt.
Passanten und Passantinnen auf der Hafenpromenade reagieren eher genervt auf das Thema Drogenschmuggel:
„Wir sind hier sehr für den Drogenschmuggel bekannt, aber es gibt hier auch normale, ehrliche Leute, darüber spricht nur niemand.“
„Das gab es doch schon immer. Marokko ist genau dort drüben, die Routen wird es auch weitergeben, dafür gibt es keine Lösung. Wahrscheinlich bekommen wir durch die Medien mittlerweile einfach viel mehr mit.“

Keine 40 Kilometer Luftlinie trennen Algeciras von der marokkanischen Küste. Das Königreich Marokko gilt als der weltweit größte Produzent von Haschisch. Fast 1.500 Tonnen dieser Droge haben spanische Sicherheitskräfte laut Innenministerium seit 2018 in Andalusien beschlagnahmt. An der Gesamtmenge des in der EU sichergestellten Cannabis hält Spanien den Löwenanteil von zwei Dritteln. 
Während Kokain überwiegend über Containerschiffe aus Südamerika nach Südspanien und nach Galizien an der Nordwestküste gelangt, wird das marokkanische Hasch in Schnellbooten – sogenannten Narcolanchas – an Spaniens Südküste transportiert. In der Regel bekommt die Bevölkerung vom Drogenschmuggel nicht viel mit, doch man kann auch zur falschen Zeit am falschen Ort sein, wie dieser junge Mann berichtet:
„Ich persönlich habe so etwas noch nicht erlebt, aber meine Mutter zum Beispiel: Sie war abends mit einem Freund am Strand und plötzlich sind Schmuggler aufgetaucht. Sie sagten ihnen, dass sie sich nicht bewegen sollen, dass gleich alles vorbei ist und dass ihnen nichts passieren wird. Sie hielten sie fest, bis die Waren verladen waren und ließen sie danach in Ruhe.“
Nicht immer verlaufen Konfrontationen mit Drogenschmugglern so glimpflich – vor allem nicht, wenn die Polizei involviert ist, weiß Macarena Arroyo. Gegenüber der Hafenpromenade wartet die Staatsanwältin für Drogenbekämpfung in einem Gerichtsgebäude auf einen Prozess, der gleich beginnt. Später wird hier ein Mann zu 9 Jahren Haft wegen Kokainschmuggels verurteilt werden. 
Im noch leeren Gerichtssaal hat Staatsanwältin Arroyo Zeit, über die Situation in der Region zu sprechen: 
„Wir sind hier am Eingangstor von Europa. An unsere Küste und über unseren Hafen kommen große Mengen Hasch und Kokain an. Der Großteil davon verbleibt aber nicht in Spanien, sondern hat andere Ziele in Europa. Man kann auf jeden Fall sagen, dass wir hier organisiertes Verbrechen auf einem sehr hohen Niveau haben.“
Korruption sei ein großes Problem. Dass überhaupt Tonnenweise Kokain am Hafen von Algeciras ankommen könne, sei nur möglich, weil Mitarbeiter sich bestechen ließen. Dazu werde der Kampf gegen die organisierte Kriminalität immer gewalttätiger. In den vergangenen acht Jahren kamen laut Medienberichten allein in der Provinz Cádiz, in der Algeciras liegt, 17 Menschen in Zusammenhang mit dem Drogenschmuggel ums Leben. Offizielle Statistiken dazu gibt es nicht, das Innenministerium bestätigt aber den Tod von acht Sicherheitskräften, die bei Verfolgungsjagten starben oder bei Verkehrskontrollen von flüchtigen Kriminellen rücksichtslos überfahren wurden. Staatsanwältin Arroyo macht auf ein Problem aufmerksam:
„Seit 2017 erleben wir einen Anstieg der Gewalt, und es wird nicht weniger. Das heißt: Sie bewaffnen sich immer stärker, sie werden immer aggressiver und haben immer weniger Respekt vor dem Leben und vor dem Rechtsstaat. Wir haben es hier mit einer unfassbaren Ungleichheit zu tun, was Waffen und Ausstattung angeht. Sie wissen das und profitieren davon. Sie fühlen sich straffrei vor einem System, das dabei ist, zusammenzubrechen und das am Ende nicht genug Kraft hat, um sie aufzuhalten.“
Denn dem organisierten Verbrechen stünden viel mehr Geld und Mittel zur Verfügung als den staatlichen Sicherheitskräften. 
Besonders sichtbar wurde diese Übermacht am 8. Februar dieses Jahres in dem kleinen Fischerort Barbate – eine gute Autostunde von Algeciras entfernt. Auf dem Atlantik tobte ein Sturm und mehrere Schmuggler suchten in der Nacht mit ihren Schnellbooten Schutz im Hafen. Ein Patrouillenboot der spanischen Polizeieinheit Guardia Civil nahm die Verfolgung auf, im Hafenbecken trafen sie aufeinander. Unbekannte filmten die dramatische Szene, feuerten die Drogenschmuggler dabei an wie sie mit ihrem 300 PS-Boot mit vier Motoren das deutlich kleinere Schlauchboot der Fahnder rammten. Mit gerade einmal 80 PS und nur einem Motor hatten diese keine Chance: Zwei der sechs Beamten waren nach dem Angriff sofort tot, ein weiterer Polizist wurde schwer verletzt.
Die Menschen in Barbate fühlten sich, wenige Tage nach der Tragödie, von der Politik im Stich gelassen:
 „Wo es einen Küstenort gibt, gibt es auch Drogenschmuggel. Das war schon immer so. Wir fordern, dass man uns die Mittel zur Verfügung stellt, ihn zu bekämpfen. Man kann nicht mit einem vier Meter langen Schlauchboot, dass man auch im Supermarkt kaufen kann, Narcos aufhalten. Innenminister Marlaska ist Schuld, der sich nicht um unsere Sicherheit kümmert.“
Auch der Interessensverband der Polizeieinheit Guardia Civil, AUGC, hat Innenminister Fernando Grande-Marlaska von der sozialistischen Partei bereits zum Rücktritt aufgefordert. Warum, erklärt AUGC-Sprecher Pedro Carmona:
„Weil er den Forderungen des AUGC nicht nachkommt, die nicht nur die Sicherheit der Beamten der Guardia Civil garantieren würden, sondern auch die Sicherheit der spanischen Zivilbevölkerung in der Provinz Cádiz und der angrenzenden Provinzen. Wir haben zwar ein paar Boote, aber das reicht nicht aus. Wir fordern mehr Boote, mehr Mittel, Taser mit Elektroschockfunktion, mehr Fahrzeuge, mehr Überwachungskameras, eine bessere IT-Ausstattung, mit all dem könnten wir das organisierte Verbrechen besser bekämpfen.“
Bereits seit 2021 setzt sich der Interessensverband dafür ein, dass die Provinz Cádiz und die angrenzenden Provinzen zu einer „besonderen Sicherheitszone“ erklärt werden. Dieser Status würde unter anderem eine Aufstockung des Personals mit sich bringen sowie wirtschaftliche und berufliche Anreize für die Beamten, die man in der Region stationiert. 
Auf Deutschlandfunk-Anfrage heißt es aus dem Innenministerium, dass derzeit geprüft werde, ob und wo genau eine „besondere Sicherheitszone“ eingerichtet werden könnte. Man verweist zudem auf den Sondersicherheitsplan „Campo de Gibraltar von 2018“. Seither seien fast 80 Millionen Euro in den Kampf gegen den Drogenhandel und die organisierte Kriminalität geflossen. Etwa die Hälfte davon habe man in die Aufstockung der Polizeikräfte investiert, die andere in Material und Technik. Für das Jahr 2024 sieht der Plan ein Budget von weiteren fast 20 Millionen Euro allein für Material und technologische Ressourcen vor. Keine andere spanische Regierung habe in der Region jemals derartige Anstrengungen vorgenommen, heißt es weiter.
Der konservativen andalusischen Regionalregierung reichen die Bemühungen aus Madrid nicht aus. Antonio Sanz, der andalusische Innenminister, wirft seinem Amtskollegen Marlaska eine Pflichtverletzung in Sicherheitsfragen vor. Auf einer Pressekonferenz kurz nach dem Vorfall in Barbate klang das so:
„Das Beängstigende an den Geschehnissen ist, dass die Regierung nichts versteht. Die ausbleibende Antwort und Reaktion der Regierung, das ist alarmierend. Bitte, nehmen Sie sich den Problemen der Guardia Civil und der Polizei in der Provinz Cádiz an.“
Auch Sanz fordert die Einrichtung einer speziellen Sicherheitszone, mehr Mittel und mehr Personal – und schloss sich den Forderungen des Interessensverbandes der Guardia Civil  weitgehend an. Dieser sieht umgekehrt aber auch die Regierung Andalusiens in einer gewissen Verantwortung, sagt AUGC-Sprecher Carmona.
Der konservativen andalusischen Regionalregierung reichen die Bemühungen aus Madrid nicht aus. Auch Antonio Sanz, der andalusische Innenminister, fordert die Einrichtung einer speziellen Sicherheitszone, mehr Mittel und mehr Personal – und schloss sich den Forderungen des Interessensverbandes der Guardia Civil  weitgehend an. Dieser sieht umgekehrt aber auch die Regierung Andalusiens in einer gewissen Verantwortung, sagt AUGC-Sprecher Carmona:
„Wir fordern, dass die andalusische Regionalregierung diese Provinz mit Programmen und Reformplänen des Arbeitsmarktes ausstattet, damit sich die jungen Menschen der Provinz nicht in der Arbeitslosigkeit wiederfinden und aufgrund der Perspektivlosigkeit schließlich in die Fänge der Drogenhändler geraten.“ 
Eine Interviewanfrage des Deutschlandfunks lehnte der andalusische Innenminister Sanz ab. Auch schriftlich wollte man sich nicht äußern, für Sicherheitsfragen sei allein die Zentralregierung zuständig.
Francisco Mena von der Anti-Drogen-Organisation „Coordinadora Alternativas“ hat ebenfalls bereits erlebt, wie die andalusische Regierung dem Thema ausweicht. Mena gilt als Experte für die sozialen Auswirkungen des Drogenhandels in der Region. Im Frühjahr dieses Jahres wollte er im andalusischen Parlament sprechen. Die konservative „Partido Popular“ verhinderte das:
„Ich glaube, dass Antonio Sanz einfach nicht gefällt, was ich zu sagen habe. Er spricht einfach gerne über die Polizei. Warum? Weil das in die Kompetenz der Zentralregierung fällt. Und wenn ich sage, was ich jetzt sage, nämlich, dass Bildungs- und Ausbildungspolitik in die Verantwortung der Regionalregierung fallen, dann will er das einfach nicht hören.
Menas Organisation kümmert sich seit 40 Jahren um Drogenabhängige und versucht junge Menschen in der Region dabei zu unterstützen, in Ausbildung und Arbeit zu kommen. Die Arbeitslosigkeit liegt in vielen Gemeinden in der Provinz Cádiz bei weit über 20 Prozent. In der Stadt La Línea am Fuße von Gibraltar sogar bei über 30.  Sogar Netflix thematisierte das schon in der Serie „La Linea – Im Schatten der Drogen“:
„Es gibt hier Orte, da haben die Menschen von Geburt an keine Wahl. Die Lebensumständen zwingen sie zum Drogenhandel. Der Staat hat sich in diesen Gegenden zurückgezogen und die Einwohner sich selbst überlassen. Dieses Vakuum wurde dann vom den „Narco-Wohltätern“  besetzt, wie wir sie nennen. Die Drogenhändler wurden zu den Wohltätern der Stadtteile. Sie sind die, die sich darum kümmern, dass die Menschen im Bezirk Geld haben, dass sie sich Lebensmittel, Autos und Wohnungen leisten können.“ 
Für Mena ist klar: Man muss ganz früh ansetzen, denn wenn ein Jugendlicher einmal in die Welt des Drogenschmuggelns gerate, sei er für den Arbeitsmarkt so gut wie verloren:
„Wer zahlt ihnen schon das, was die Drogenhändler zahlen? Wenn ein Jugendlicher an einem Überwachungsposten arbeitet, verdient er 600 Euro am Tag. Einen Wagen mit Drogen zu fahren bringt 6.000 und später verdienen die Fahrer der Speedboote bis zu 30.000 Euro. Wer da einmal drin ist, kommt nur ganz schwer wieder raus:“
Einer der wenigen, der den Ausstieg schaffte, ist José. Der 48-Jährige stammt aus Barbate, wo im Februar die zwei Polizisten von einem Schnellboot getötet wurden. Seinen echten Namen möchte er nicht nennen. José wuchs mit neun Geschwistern auf, mit 14 Jahren verließ er die Schule. In Barbate gab es damals kaum Jobs, seine große Familie habe zum Teil Hunger gelitten. Im Alter von ungefähr 19 Jahren wurde er von Drogenschmugglern auf der Straße angeworben. Seinen ersten Einsatz hat er noch gut im Gedächtnis. Er steckt sich eine Zigarette an – und erzählt:
„Das war eine ganz neue Erfahrung, ich war noch sehr jung. Wir gingen an den Strand, warteten, bis das Speedboat kam, wir luden alles in ein Auto und Bäm! Das lief alles innerhalb von Minuten ab wir rannten danach vom Strand in den Wald. Alles funktionierte gut und der Typ war zufrieden. Für den Job braucht man eine gute Lunge, schnelle Beine und Kraft.“ 
Oft hätten sie in Teams von bis zu 10 Leuten gearbeitet. Manchmal gab es zwei oder sogar drei Einsätze pro Woche an einem der langen, naturbelassenen Strände der Region, manchmal auch keinen. Pro Aktion habe er bis zu 6.000 Euro bekommen – bar auf die Hand:
„Das ist wie ein Bonbon im Mund eines Kindes. Du kannst dir plötzlich ein Motorrad kaufen, tolle Klamotten, alles.“
Über 20 Jahre lang ging das gut, bis zu einer Nacht im Jahr 2018 als plötzlich Beamte der Guardia Civil am Strand auftauchten: 
„Sie hatten sich in den Wäldern versteckt und gewartet, bis wir ungefähr die Hälfte verladen hatten und schon etwas aus der Puste waren. Dann packten sie uns – mit 89 Paketen.“
Ungefähr 2000 Kilo Haschisch hatten José und die anderen verladen. Er wurde dafür verurteilt, verbrachte 2,5 Jahre im Gefängnis, 2,5 weitere auf Bewährung mit einer Fessel am Fuß. Seine Familie habe am meisten gelitten, seine Frau erkrankte an einer Depression. Seit seiner Entlassung arbeitet José auf Baustellen. Verdient etwa 80 Euro pro Tag – und ist damit zufrieden:
„Geld ist nicht alles, es ist wichtiger, gut zu leben und zu schlafen. Du schläfst nicht gut, wenn du diese Arbeit machst, wenn du nicht weißt, was am nächsten Tag passieren kann.“
Viele, die wie er im Gefängnis landeten, machten danach trotzdem weiter, sagt José. Das schnelle Geld sei einfach zu verlockend. Heute hat er Angst, dass seine Kinder denselben Weg einschlagen könnten wie er selbst damals. Die Szene sei gewalttätiger geworden. Früher habe niemand Waffen gehabt. Auch Francisco Mena weiß, dass die Narcos heute anders ticken:
„Die früheren Generationen haben das Prinzip Autorität respektiert. Es gab ein ungeschriebenes Gesetz: Wenn jemand, der im Drogenschmuggel arbeitet und Hasch an einem Strand verladen hat, gesehen hat, dass die Guardia Civil kommt, dann ist er gerannt und nicht auf Konfrontation mit den Beamten gegangen.“
Die Drogenkriminalität im Süden Spaniens wird nicht nur gewalttätiger, sie wird auch dort sichtbarer, wo bisher eher im Verborgenen agiert wurde: In den Luxushochburgen der Costa del Sol. Während in der ärmeren Nachbarprovinz Cádiz die Drogen ankommen und von Leuten wie José bewegt werden, sitzen in der Provinz Málaga mit ihren Jetset-Destinationen die Abgesandten der internationalen Mafias und kontrollieren von dort aus den Markt, sagt der Investigativjournalist Andros Lozano von der Zeitung El Mundo, der ein Buch über die Drogenkriminalität in Andalusien geschrieben hat: 
„Die, die mit dem organisierten Verbrechen viel Geld verdienen, wollen ihr Geld nicht im Campo de Gibraltar ausgeben. Die leben an der Costa del Sol, an Orten wie Marbella oder Puerto Banús.“  
Zuletzt häuften sich dort Schlagzeilen über Schießereien. Die lokale Presse spricht von einer „Welle“ die das Strandparadies erschüttert. Mitte März fielen allein 20 Schüsse, als zwei rivalisierende Banden in einem Lokal in Puerto Banús aufeinandertrafen. Ein junger Mann wurde dabei schwer verletzt,  drei wurden verhaftet. Nicht immer gibt es bei diesen Vorfällen Tote oder Verletzte, nicht immer können sie klar dem organisierten Verbrechen zugeordnet werden. Dass die Gewalt zunimmt, sei jedoch offensichtlich, sagt Lonzano:
„Die Costa del Sol war immer ein sicherer Ort, an dem das große Geld dieser Welt investiert wurde – das legale Geld. Nun wird sie immer mehr zu einem Ort, wo die großen kriminellen Organisationen dieses Planeten präsent sind. Der Hafen von Algeciras wird im internationalen Kokaingeschäft immer wichtiger. Wir können daher beobachten, wie dieser einst idyllische Ort, mit einem Hauch von Verruchtheit, zu einem wirklich gefährlichen Ort wird.“
Die Nationale Polizei hat in diesem Jahr ihre Präsenz in der Gegend enorm verstärkt, es gab mehr Kontrollen,  Razzien in luxuriösen Beachclubs und Festnahmen. Bis Oktober soll die „Operation Marbella“ noch andauern. 
Auf die Deutschlandfunk-Anfrage, was die Zentralregierung gegen die ansteigende Gewalt in Andalusien tue, ließ das spanische Innenministerium die speziellen Anstrengungen in und um Marbella unerwähnt, verwies lediglich auf den „Plan für den Campo de Gibraltar“ von 2018. Journalist Lozano hat eine mögliche Erklärung, auch für den begrenzten Zeitraum der Operation:
„Ich habe das Gefühl, dass Marbella und die Costa del Sol nicht zu stark in den polizeilichen und medialen Fokus geraten sollen. Das wäre so, als ob man das Huhn tötet, was goldene Eier legt: Ein Ort, der so viel Geld und Reichtum für das Land generiert, soll nicht als unsicherer Ort in Verruf geraten. Wird die Operation Marbella zeitlich zu sehr ausgedehnt, führt das dazu, dass die Leute sagen: Oh, was passiert da in Marbella und an der Costa del Sol. Die Strategie des Innenministeriums ist komplett anders als das, was sie im Campo de Gibraltar durchführen.“
Dass überhaupt etwas passiere, sei ein wichtiges Zeichen in Richtung des organisierten Verbrechens, meint Lozano. Dass Kriminalität und Gewalt so gestoppt werden, glaubt er allerdings nicht. Da ist er sich einig mit Francisco Mena von der Organisation „Coordinadora Alternativas“, der stets betont, dass „Law&Order“ allein nicht ausreichten.
Vielmehr müsse man müsse den Mafias den Nachwuchs entziehen, den sie in der einkommensschwachen Provinz Cádiz rekrutierten, fordert Mena. Dafür brauche es Investitionen in die Infrastruktur der Region, in ein besseres Straßen- und Schienennetz – und vieles mehr:
„Das, was wir fordern, kostet viel Geld. Das sind keine Investitionen, die man innerhalb eines Jahres tätigt. Der Campo de Gibraltar soll  ja zum Beispiel in ein wichtiges Innovations-HUB für grünen Wasserstoff in Europa verwandelt werden. Schön, perfekt. Aber warum bilden wir nicht schon jetzt unsere Jugend in dem Bereich aus? Woher nehmen wir die Arbeitskräfte? Warten wir, bis Leute aus Madrid, Barcelona und Valencia kommen? Warum geben wir unseren Jugendlichen nicht die Möglichkeit, sich zwischen einem Leben in geordneten Bahnen und einem in der Welt des Drogenhandels zu entscheiden?“​​​​​​​

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